Audio-Qualität in Online-Lernräumen

Corona-bedingt erleben oder gestalten wir derzeit viele Online-Meetings, Webinare und ganze Konferenzen. Manche sind sehr anstrengend, andere weniger. Das hängt selten vom Thema ab, oft aber von der akustischen Verständlichkeit. Sprecher in einem hallenden Raum, weit weg vom Mikrofon, mit schwankender Internet-Verbindung, und dann noch ein Echo-Effekt – das macht Zuhören so enorm anstrengend. Dabei wird über die Sprache das meiste transportiert. In einem physischen Raum sorgen wir Learning Professionals ja auch für angenehme Bedingungen: Je nach akustischer Situation nutzen wir Mikrofone und positionieren Lautsprecher für eine optimale Verständlichkeit. Das gilt genauso im virtuellen Raum, und scheint mir hier sogar noch wichtiger. Als Learning Profis müssen uns also ganz besonders mit der Audio-Übertragung bei Online-Lernräumen beschäftigen. Von uns erwartet man, dass wir selbst angenehm hörbar rüberkommen. Und auch, dass wir alle Teilnehmer so einstimmen, dass sie gut verständlich beitragen können. Dazu hier ein paar Anregungen.

Video-Konferenz-Systeme versuchen zu optimieren

Anbieter von Video-Konferenz-Systemen wissen um die unterschiedlichen Bedingungen bei den Nutzern. Auch bei extrem geringer Internet-Bandbreite bis hin zu akustischen Rückkopplungen, versuchen sie mit Algorithmen ein trotzdem noch erträgliches Nutzer-Erlebnis zu gewährleisten. Das aber greift immer in die Datenübertragung des Video- und des Audio-Streams ein. Beim Video werden dann z.B. weniger Bilder pro Sekunde übertragen, damit wenigstens der Audio-Stream noch hörbar bleibt. Und beim Audio-Signal wird geprüft, ob es sich um Sprache, Echos oder um Störgeräusche handelt. Der Logarithmus entscheidet, was er ausblendet. Diese maschinelle „Zensur“ schneidet auch etliche gewollte Töne raus, wie man nicht nur beim Online-Musikunterrichten meist sofort merkt.

Wer es schafft, in einem ruhigen Raum, mit guten akustischen Bedingungen zu arbeiten, kann bei einigen Konferenz-Systemen diesen Algorithmus in den Grundeinstellungen abstellen. (Z.B der ZOOM-Host in der Cloud: „Den Benutzern ermöglichen, den Originalton zu wählen“). Das verbessert die Audio-Übertragung – wenn die übrigen Bedingungen stimmen.

 

Internet-Zugang für Video-Konferenzen

Je nach Anzahl der pro Sekunde zu übertragenden Video-Bilder und der Bildqualität steigt die notwendige Datenübertragungsrate im Netz. (Das Audio-Signal braucht davon nur einen kleinen Anteil, weshalb es bei schlechter Internet-Verbindung manchmal hilft, das Video abzuschalten.) Bei der HD-Video-Auflösung (720 px) und nur 15 Bildern pro Sekunde benötigt man etwa 1 Mbit/s an seinem Internet-Anschluß – und das in beiden Richtungen (Download und Upload). Bei 30 Bildern pro Sekunde werden das schon 2 Mbit/s je angeschlossenes Gerät. Deine jeweils verfügbare Übertragungsrate kannst Du prüfen, mit einer Speedtest-App, z.B. hier.

Mindestens 1 Mbit/s auch im Upload pro angeschlossenes Gerät solltest Du haben, besser sind 2 Mbit/s. Und falls Du zwei Geräte aufstellst, brauchst Du doppelt soviel! Plane auch ein wenig Reserve ein: Das Internet wird manchmal auch langsamer.

 

LAN statt WLAN

Ein LAN-Kabel ist immer die erste Wahl für den professionellen Anschluss bei Video-Konferenzen! Grund: Dort bekommst Du auch wirklich die bei Deinem Anschluss gerade verfügbare Datenübertragungsrate. Im WLAN sinkt die fast immer. Einerseits wegen der nie ganz perfekten „Ausleuchtung“ Deines Raumes mit den Funkwellen des Routers, und andererseits, weil auf Deinem WLAN-Kanal auch andere WLAN-Nutzer unterwegs sind, die Deine WLAN-Datenübertragungsrate drastisch verringern. Also, versuche Dein Gerät immer mit dem LAN-Kabel zu verbinden.

 

Lange Prozesskette bei Video-Konferenzen

Das schwächste Glied der Prozesskette bestimmt auch hier die Qualität. Die Internet-Übertragungsfähigkeit für Deinen Anschluss kannst Du jetzt schon abschätzen. Schauen wir uns die ganze Prozesskette kurz an:

Mikrofon:

Nur Schallwellen, die das Mikrofon erreichen, können dort umgewandelt werden:

  • Je weiter das Mikrofon von Deinem Mund entfernt ist, desto schwächer kommt Deine Sprache dort an
  • Wahrscheinlich nimmt es dann auch andere Geräusche ähnlich laut auf (Lüfter des PC, Straßenlärm, andere Gespräche, …)
  • Und der Raumhall wird Deine Sprache zusätzlich deutlich anreichern, wenn das Mikrofon nicht dicht am Mund steht

Kurzer Weg für Deine Schallwellen:

  • Am besten Du hast das Mikrofon direkt am Mund (5 bis 10 cm)
  • Dafür sind Headsets gut
  • oder Lavallier-Mikrofone
  • oder Nackenbügel-Mikrofone
  • oder Tischmikrofone
    Ein Tischmikrofon erfordert allerdings „Mikrofon-Disziplin“, also unveränderte Kopfausrichtung beim Sprechen, keine Tastatur-Bedienung beim Senden, …

Gute Mikrofon-Qualität:

Tipp: Von den Podcastern lernen:

Empfehlung: Gutes Headset benutzen, und keines, dass selbst Geräuschunterdrückung verspricht.

Kopfhörer / Lautsprecher:

Bei allen Video-Konferenz-Teilnehmern kommt es auf das Verhindern des „akustischen Kurzschlusses“ an:

  • Ein Ton, der aus dem Lautsprecher kommt wird vom Mikrofon aufgenommen, wird gesendet und kommt kurz danach wieder beim Lautsprecher an, gelangt wieder ins Mikrofon, usw. So entstehen unerträgliche Echos oder unangenehme Pfeiftöne.
  • Headsets verhindern diesen akustischen Kurzschluss recht zuverlässig. Der Schall aus dem Hörer ist viel zu leise, um damit das Mikrofon wieder anzuregen.
  • Headsets mit Bluetooth sind eher nicht zu empfehlen: Erstens bringt Bluetooth immer eine Verzögerungszeit mit, und zweitens schränken die meisten Bluetooth-Headsets die Ton-Bandbreite weiter ein.
  • Auch Tisch-Mikrofon und Kopfhörer ist dafür eine gute Kombination.
  • Der Betrieb von Lautsprechern kann gut gehen, wenn die akustische Rückkopplung ins Mikrofon elektronisch überwunden wird. (Algorithmen der Meeting-Software, oder der Freisprecheinrichtung.)

Empfehlung: Kabelgebundes Headset benutzen.

Raum-Klang

Jeder Raum klingt anders. Und Mikrofone nehmen mehr wahr, als Menschen:

  • Ideal sind sog. „trockene“ Räume. Küchen und Badezimmer sind oft das das Gegenteil. Die reflektieren Schallwellen mehrmals hin und her, so dass jede Silbe einen Nachhall bekommt. Den solltest Du vermeiden. Volle Räume, möglichst noch mit vielen Stoffen (Möbel, Gardinen, Teppich, Sofa, … ) vermindern diese Schall-Reflektionen und erhöhen Deine Verständlichkeit.
  • Klatsche einfach an verschiedenen Stellen in Deiner Wohnung mal in die Hände und achte auf den Nachklang. Dort wo der am geringsten ist, hast Du die besten Bedingungen.
  • Wenn Du mehr dazu mehr wissen willst, hör Dir „Akustische Raumgestaltung“ bei Viertausendhertz an.

Empfehlung: Ruhigen Raum mit wenig Hall suchen, Headset benutzen.

Wahl des Video-Systems für gutes Audio

Die meisten Video-Konferenz-Systeme übertragen Sprache nur mit einer etwas besseren Telefon-Qualität:

  • Menschliche Sprache bewegt sich im Frequenzbereich zwischen 80 und 12.000 Hertz
  • Fürs Standard-Telefon ist international festgelegt, nur 300 bis 3.400 Hertz zu übertragen
  • Das menschliche Ohr kann zwischen 20 und 20.000 Hertz hören
  • Am natürlichsten – und damit am verständlichsten – wirken Übertragungen entsprechend unserem Hörvermögen.

Unterschiede bei den AUDIO-Codecs:

  • Codecs sind Vereinbarungen zum digitalen Kodieren und Dekodieren, hier fürs Übertragen des Audio-Signals
  • Welchen Audio-Codec ein Video-System verwendet, wird meist nicht angegeben. Man kann aber Ton-Qualitätsunterschiede hören. (Die Hörproben werden aber immer auch von den Algorithmen zur Geräuschunterdrückung oder dem Echo-Cancelling beeinflusst.)
  • Einige neuere Video-Konferenz-Systeme nutzen den offenen Codec „Opus“, der den gesamten menschlichen Hörbereich unterstützt – wenn die Übertragungsbandbreite dafür ausreicht. (Sonst wird auch hier eingeschränkt übertragen.) Das steigert die Tonqualität deutlich. Dann schränkt praktisch nur noch Mikrofon und Kopfhörer/Lautsprecher das Hörerlebnis ein.

Beispiele für Video-Konferenz-Systeme mit OPUS-Codec für die Audio-Übertragung:

Übliche Störquellen bei Video-Konferenzen

  • Umgebungsgeräusche bei offenem Mikrofon
    Auch leise Umgebungsgeräusche werden laut und deutlich verstärkt. Plötzlich hört man den Kollegen am anderen Büro-Ende, als wenn er hier ins Mikrofon spricht. Das liegt am automatischen Hochpegeln der eintreffenden Mikrofon-Signale – wenn gerade kein anderer spricht.
    –> Mikrofon abschalten, oder ruhigen Raum suchen
  • Der lauteste setzt sich durch: Oft kann nur einer reden, die anderen werden solange ausgeblendet.
    –> Gesprächsdiziplin nötig
  • Echo beim Sprechen
    Bei einem Teilnehmer gibt es einen akustischen Kurzschluss zwischen Lautsprecher und Mikrofon.
    –> Dort Headset verwenden oder Echo-Cancelling einschalten (wenn das dort möglich ist)
  • Sprache wie aus einer Kathedrale
    Der Raum eines Teilnehmers hallt stark.
    –> Mikrofon dicht heranholen oder Headset verwenden oder Raum wechseln
  • Jemand ist schlecht zu verstehen
    Das eingebaute Laptop-Mikrofon ist aktiv, evt. brummt noch der Lüfter. Oder das Mikrofon ist zu weit weg.
    –> Headset benutzen, oder Mikrofon dicht heranholen
  • Jemand spricht mit Unterbrechungen
    Die Internet-Verbindung ist ungenügend.
    –> Die Video-Kamera ausschalten, um den Datenstrom zu verringern
    –> Vom WLAN aufs LAN-Kabel umstellen
  • Verzerrungen, Artefakte sind hörbar
    Entstör-Algorithmen der Meeting-Software wirken hier wahrscheinlich.
    –> Wenn möglich: Für ruhige Umgebung sorgen, Algorithmen ausschalten!

Fazit:

Ruhige Umgebung suchen, ein gutes Mikrofon, Kopfhörer und LAN-Kabel verwenden. Dann ist schon 80% der Audio-Qualität gesichert. Damit können sich alle ganz gut mit Dir austauschen. Leider gelten diese Regeln für alle Video-Konferenz-Teilnehmer. Also stimme sie entsprechend ein. Damit Lernen in Deinem Online-Lernraum auch wirklich Spaß macht!