Der CL2025 ist seit vorgestern offiziell beendet. 32 Experten aus verschiedenen Organisationen haben sich 2 Tage lang zu einem Hackathon in Frankfurt eingeschlossen, um das Ergebnis in einem Wikibook von maximal 60 Seiten zu präsentieren. Sie haben es sogar noch knapper geschafft!
Am Ende des Hackathon gab es große Zustimmung unter den begeisterten „Hackern“, dass sie auch in diesen 2 Tagen ganz viel gelernt hätten, und der Hackathon für sie ein Lernevent war. Dabei haben eigentlich alle nur getextet und einige ein wenig gezeichnet. Im Büro würden wir sagen: Sie haben ganz normal gearbeitet.
Wann wird Arbeit also zum Lernevent? Was unterscheidet einen Lernevent von normaler Arbeit? Was macht ihn zum Lernevent? Diese Fragen möchte ich gern noch ein wenig bewegen, aber erst noch:
Ein paar Fakten zum Corporate Learning 2025 MOOCathon
Am letzten Donnerstag und Freitag wurde der CL2025 MOOCathon mit dem geplanten Hackathon abgeschlossen. In einem Wikibook ist jetzt das Ergebnis des gesamten MOOCathons auf 44 Seiten zusammengefasst. Beim Corporate Learning 2025 MOOC waren 1200 Angemeldete beteiligt, und eine unbekannte Zahl von Mitlesenden ohne Anmeldung. Die 1060 Diskussionen und alle Beiträge stehen ja auch weiterhin auf öffentlich zugänglichen Plattformen, wie z.B. dem Colearn.de-Blog, Disqus und Youtube. Zusätzlich haben sich 22 Lerngruppen öffentlich als solche geoutet, davon 7 als Working Out Loud-Lerngruppen.
Am Ende gab es 30 abgegebene Abschlußarbeiten die nach der Future Backwards Methode 5 Fragen aus ihrer persönlichen Sicht beantworteten. Und in einer Abschlussbefragung, die sich Faktencheck nannte, wurden nochmal 117 tatsächliche Situationen und erwartete Entwicklungen sichtbar.
Schon während des MOOCs gab es Teilgebende, die wöchentliche Twitter-Zusammenfassungen machten, oder ihre Eindrücke in Blogs zusammenfassten: Das hat Joachim Niemeier hier auf der Startseite unter „Rückblick“ weitgehend zusammengefasst. Und nach dem MOOC gab es wieder viele Teilgebende, die vorbereitend für den Hackathon Zusammenfassungen der Wochen und der Abschlussarbeiten übernommen haben.
Das ist aber nur der öffentlich sichtbare Teil von konkreter Beschäftigung mit dem Thema „L&D in the Digital Age“. Jede persönliche Diskussion, jedes Mitlesen, jedes Nachdenken – das alles ist nicht erfassbar, und wird vermutlich die Zahlen oben noch deutlich übersteigen.
Aber warum ist der CL2025 ein Lernevent?
Ihm fehlen fast alle Kennzeichen dafür:
- Es gab keine Lernziele, nicht einmal einen Gedanken daran – zumindest bei den Veranstaltern, dem Kernteam der Corporate Learning Community
- Es gab nur ganz wenige Regeln (Start am Montag, Abschluss-Session live am Freitag), und sonst kein didaktisches Konzept für die Gestaltung des Lernprozesses. Ohne Lernziele ist das ja auch nicht möglich.
- Über Zielgruppen haben wir nur ganz am Anfang nachgedacht, fürs Bekanntgeben des CL2025. Und da schwebten uns ganz bewusst möglichst viele verschiedene Funktionen aus Unternehmen vor, damit nicht nur die Corporate Learning Profis unter sich bleiben. Also eigentlich hatten wir auch keine richtige Zielgruppen-Begrenzung.
- Es gab auch niemanden, der das Wissen hatte, dass man hätte aufbereiten können. Wer kann schon sagen, wie Corporate Learning in 2025 aussehen wird?
- Wir waren uns auch klar darüber, dass wir gar nicht wissen, wie der MOOCathon ablaufen wird, was zum Thema werden wird, und was am Ende dabei herauskommt. Wir haben die Gestaltung der 8 Themen-Wochen ja sogar vollkommen aus der Hand gegeben an Teams in verschiedenen Unternehmen.
Und trotzdem haben wir ganz viele begeisterte und dankbare Rückmeldungen bekommen, die alle von großen Lernerfolgen berichten! An der Stelle auch einmal ein herzliches Dankeschön dafür! Das ist ja nicht selbstverständlich bei Lern-Veranstaltungen. Dabei haben wir eigentlich nur den Rahmen dafür bereitgestellt, dass Lernen offensichtlich auf ganz andere Weise stattfinden konnte.
Warum begeisterte Lernen hier anders als in klassischen Lernevents?
Aus meiner Sicht sind es zwei Schlüsselfaktoren, die zu so intensiven und dabei noch motivierenden Lernerfahrungen führen: Das Prinzip Selbstorganisation und das hierarchiefreie Arbeiten im Netzwerk.
Selbstorganisation: Jeder kann vollkommen frei entscheiden
- ob er mitmacht oder nicht
- wo er einsteigt und wo er wieder aussteigt
- ob er sich nur lesend beteiligt oder ob er sich auch in die Diskussion einbringt
- ob er eine Diskussion startet oder ober er nur kommentiert
- ob er die eine oder die andere Woche auslässt
- wieviel Zeit er wann und wo dafür aufbringen will
- ob er eine Lerngruppe starten will oder ob er sich einer anschließt
- …
Im Netzwerk arbeiten:
- Man kommuniziert auf gleicher Augenhöhe (Wir Veranstalter haben die Kommunikation auf der Du-Ebene einfach vorgemacht, die dann auch weitgehend von allen übernommen wurde). Es ist egal, ob jemand Geschäftsführer, Personalleiter, IT- oder Akademie-Leiter, Trainer, Praktikant oder Student ist. Das was zählt sind Beiträge.
- Den Umgang in wertschätzendem Ton haben alle gepflegt – mir ist diesmal nicht eine Ausnahme bekannt geworden. Bei netten Rückmeldungen entsteht auch bald Begeisterung, das spornt noch mehr an.
- Nicht nur virtuelle Netzwerke sind entstanden, auch reale in Form der Lern- und Arbeitsgruppen, siehe oben. Übrigens auch alles selbstorganisiert!
- Im Netzwerk gibt es die Grundregel, das was jemand schreibt ist richtig und gut überlegt. Das braucht keine Kontrolle mehr. Das ist entgegengebrachtes Vertrauen und Zutrauen zugleich. Das ermutigt und überträgt Verantwortung. Offenbar war das bei den vielen Diskutanten die richtige herausfordernde Mischung.
Trotzdem: Eigentlich haben alle nur an einem Thema gearbeitet. Weshalb war das Lernen?
Vielleicht müssen wir unsere Vorstellung von Lernen drastisch revidieren. Lernen ist nicht etwas vom üblichen Leben und Arbeiten Getrenntes. Lernen braucht keinen Lehrplan. Lernen findet einfach statt, wenn wir etwas tun, was noch keine Routine für uns ist. Und für dieses Tun benötigen wir lediglich ein persönliches Ziel, dass wir erreichen wollen. Das darf natürlich bei jedem ganz unterschiedlich sein. Schließlich haben ja nie zwei die gleichen Vorerfahrungen und selten das gleiche Ziel.
Jetzt werden viele Einwände kommen, so könne man das aber nicht den Mitarbeitern überlassen, was sie lernen wollen und was nicht. Warum eigentlich nicht? Mitarbeiter haben Ziele in ihrer Organisation zu erreichen. Wer diese eigenen Ziele kennt, der weiß auch wo er noch nicht fit ist, und wird sich genau dort interessieren. Wenn es für ihn hilfreich ist, wird er sich dort engagieren. Da bin ich ganz sicher. Der MOOCathon mit dem Hackathon bestätigt mich erneut in der Annahme, das Lernen so frei und selbstgesteuert ablaufen darf – bei vermutlich sogar besseren Ergebnissen.
An dieser Stelle einen ganz besonderen und herzlichen Dank an
- die 8 wochengestaltenden Unternehmens-Teams von Merck, Continental, Ottobock, DNV Oil & Gas, Viessmann, Aareal-Bank, Bosch und Audi!
Ihr habt alle einen fantastischen Job gemacht, obwohl das für Euch alle Neuland war. - die vielen öffentlich Diskutierenden, die 1060 Beiträge lieferten!
- die vielen Helfer und Unterstützer, die z.B. bei technischen Problemen halfen, Zusammenfassungen erstellten, oder Lerngruppen bildeten!
- die Kolleginnen und Kollegen im CLC-Kernteam, die den Rahmen dafür geschaffen haben!
Und hier muss ein ganz besonderer Dank an Simon Dückert gehen, der nicht nur die technische öffentliche Infrastruktur für den CL2025 konzipiert und stetig optimiert hat, sondern auch den Hackathon zu einem handfesten Erfolg führte: 2 gedruckte Exemplare lagen bereits am Freitag, 8.9.2017 beim Hackathon-Abschluss vor!