Unser Corporate Learning Camp 2023 im Frühjahr stand ja schon unter dem Jahresmotto der Community „Learning Organization Design“. Da wir noch sechs Monate bis zum Jahresende haben, möchte ich für diese Zeit noch zu einigen Überlegungen zum Thema anstoßen.
Mit der neuen Corporate Learning Vision 2030 haben wir ja die Entwicklung von Lernenden Organisationen ins Zentrum unseres Strebens gestellt. Das wollen wir natürlich immer noch dadurch erreichen, dass wir das dezentrale und selbstgesteuerte Lernen in Organisationen fördern.
Die Idee der Gestaltung (des „Designs“) kommt aus der Beobachtung, dass viele die Rahmenbedingungen einer Organisation als etwas gegebenes und konstantes sehen. Dazu fällt mir immer die Geschichte aus unserem adidas Learning Campus Projekt ein, in der der Projektleiter Christian Kuhna immer die Metapher eines japanischen Hauses verwendet hat. Es hat zwar innen Wände, aber die sind aus Papier (Shoji) und man kann sie beliebig verschieben.
Das passt gut zur Definition der Wissensgesellschaft nach Prof. Martin Heidenreich:
Eine Wissensgesellschaft ist eine Gesellschaft, in der bestehende Regeln und Normen durch Lernprozesse kontinuierlich infrage gestellt werden.
Heidenreich, M., Merkmale der Wissensgesellschaft, 2002.
In der Praxis stellt sich die Frage, welche der Rahmenbedingungen in einer Organisation (vor Kurzem in dieser loscon23 Session neben Mindset, Skillset und Toolset auch als „Frameset“ bezeichnet) infrage gestellt und verändert werden sollten, um der Vision einer Lernenden Organisation näher zu kommen. Modell wie die CLC Vision 2030 oder der lernOS für Organisationen Canvas können hier bei systematischen Generierung von Fragen helfen:
Eine kleine Sammlung von Leitfragen, die sich daraus ergeben (Punkt 11 deutet an, dass das natürlich keine umfassende Sammlung ist):
- Sind unsere Leitbilder und Ziele so gestaltet, dass sich daraus klare Lern- und Wissensziele ergeben?
- Sind unsere Ziele mit betroffenen Stakeholder und Zielgruppen abgestimmt, oder herrscht die Denke „Wir wissen schon, was die anderen wollen“ vor?
- Passt die Balance zwischen formeller Organisation (Hierarchien, Prozesse) und informeller Organisation (Communities, Netzwerke) für den Lernbedarf der Organisation?
- Leben die Führungskräfte der Organisation das Lebenslange Lernen vor? Sind sie Vorbilder und „Role Models“? Geben sie z.B. Fehler zu und sprechen offen über das Scheitern? Wir eine Kultur des „Open by Default“ (#SharingIsCaring) gelebt oder gilt noch „Wissen ist Macht“?
- Sind die Prozesse des Zusammenarbeitens und Lernens (Work is learning and learning is the work) so gestaltet, dass genug Zeit für Reflexion und das gemeinsame Generieren von Einsichten bleibt?
- Werden alle Mitarbeiter:innen motiviert, gegebene Freiräume zum Lernen zu nutzen und ihr Wissen auch an andere weiterzugeben (Lernen durch Lehren)?
- Sind Rollen etabliert, die insbesondere das informelle Lernen fördern? Neben Trainern und Coaches also z.B. auch Barcamp-Facilitatoren, Community Manager & Co.?
- Ist allen Mitgliedern der Organisation bewusst, zu welchen Themen und Wissensgebieten gelernt und Wissen aufgebaut/geteilt werden soll? Gibt es neben Organigramm und Prozesslandkarte z.B. auch eine Wissenslandkarte, wie in der ISO 9001 gefordert?
- Unterstützt die vorhandene Technik und Infrastruktur das Lernen der Organisation bestmöglich (z.B. modernes Intranet, Wiki, Community Plattform, Newsletter, Blogs/Podcasts/vLogs, Enterprise Social Networks, Multimedia, Künstliche Intelligenz)? Werden neben den internen Räumen und Tools auch externe mit berücksichtig (z.B. Coworking Spaces, externe Veranstaltungen, Meetups)?
- Versteht sich die „Lernabteilung“ nicht als ab-geteilt, sondern als Teil einer „Koalition des Lernens“, die aus interdisziplinären Teilnehmer:innen verschiedener Abteilungen besteht und das gemeinsame Leitbild der Lernenden Organisation als „Nordstern“ etabliert?
- uvm.
Lasst uns gerne bei den weiteren Veranstaltungen wie CLC Meetups, CLC Practice Camp, auf Mastodon und hier im Blog darüber sprechen und Antworten finden.