Harald Schirmer, Manager for Digital Transformation and Change bei Continental, hat auf seinem Blog sehr anschaulich dargestellt, was Führung im digitalen Zeitalter bedeutet. „Die Welt ist schon vernetzt. Netzwerke folgen nicht Command & Cotrol-Strukturen und auch nicht strukturierten Prozessen“. Was bedeutet das eigentlich für L&D? Müssen nicht wir diese Führungsrolle in die digitale Welt übernehmen?
Zunächst noch einmal zu Harald Schirmer
Aus seiner Sicht gibt es gar keine digitale Leadership, nur großartige Führung. Schließlich sind Führungskräfte Menschen. „Leader, die Respekt, Anerkennung, Vertrauen, Neugier und Engagement zeigen, brauchen sich nicht zu ändern“, um im digitalen Zeitalter Menschen zu führen. Aber „Bosse, die Command & Control praktizieren, von den Mitarbeitern „work, don’t think“ erwarten, das Befolgen von Anweisungen und kein Hinterfragen von Entscheidungen, die werden Probleme haben in einer vermehrt transparenten, vernetzten virtuellen Arbeitsumgebung.“
Allerdings sieht er auch, dass die meisten Führungskräfte bei Social Collaboration und Communication noch viele Fragezeichen sehen. Deshalb hält er das für das wesentliche Lernfeld für Führungskräfte, um eigene Erfahrungen in der immer mehr vernetzten Arbeitswelt zu gewinnen. Wer in Netzwerken führen will, muss selbst Netzwerk-Experte sein. Das bringt er so zum Ausdruck:
„Leaders in the digital age have Followers!“
„Es gibt bereits Kollegen, die haben großartige Leadership-Skills in der digitalen Welt. Sie haben eine Online-Reputation, sie vernetzen Menschen, sie bilden wertvolle und vertrauensvolle Netzwerke. Sie erschaffen Impact in bisher unbekanntem Maß.“
Hat L&D eine Leadership-Rolle?
Führung bedeutet, Menschen bewegen, Menschen etwas zutrauen, Menschen vertrauen, Menschen bei der Entwicklung begleiten, Menschen vernetzen, Menschen ermächtigen, aber auch Herausforderungen setzen, an denen Geschäft und Menschen wachsen können.
Wenn eine Führungskraft einen Mitarbeiter zu einer Weiterbildung schickt, dann delegiert diese Führungskraft einen Teil der eigenen Führungsaufgaben an L&D. Für die Zeit des Seminars haben wir also die Führungsaufgabe.
Wie „großartig“ ist eigentlich unsere Leadership?
- Wie gut sind unsere Leadership-Skills für die digitale Welt, die sich in fast allen Organisationen ausbreitet?
- Wie sehr arbeiten und lernen wir selbst in Netzwerken?
- Wieviele L&D-Mitarbeiter sind in relevanten Experten-Netzwerken aktiv?
- Kennt man uns in diesen Netzwerken, haben wir dort eine sichtbare Reputation?
- Lernen wir voneinander, pflegen wir Corporate Learning Netzwerke?
- Vernetzen wir Menschen?
- Gründen wir Netzwerke für die Entwicklung unserer Teilnehmenden – und für die Entwicklung des Geschäftes?
- Regen wir den Austausch intern und extern an?
- Ermuntern wir andere, ihr Wissen bereitzustellen (und sich dadurch zu entwickeln) – oder machen wir das lieber selber?
- Haben wir „Follower“ – und wieviele?
Großartige Leadership für digitale Arbeitsumgebungen: Eigentlich müssten wir da Vorbild sein. Wenn unser Anspruch ist, über die Menschen ganze Organisationen im digitalen Zeitalter zu entwickeln, dann sind wir die Vorreiter, auf die man schaut. Unsere „Kunden“ werden dann unsere Follower.
Ich fürchte, dass ganz viele L&D-Abteilungen diesen Führungsanspruch noch nicht einmal ansatzweise erfüllen. Noch haben wir aber die Chance, diese Führungsrolle in die digitale Welt zu übernehmen. Viel Zeit bleibt uns aber nicht mehr, sonst übernehmen das andere. Es geht dabei aus meiner Sicht nicht um Methoden, oder neues Handwerkszeug. Vielmehr geht es um eine andere innere Haltung zu den Menschen, weniger hierarchischer Umgang, mehr Augenhöhe-Kommunikation. Eigentlich müssten wir das am besten können!
Digitale Lern-Dienstleistungen
Natürlich müssen wir auch unsere Produkte auf die Anforderungen in der digitalen Welt anpassen. Für Harald Schirmer hat die Digitalisierung 3 Attribute, wie er in dieser Grafik darstellt:
Kennzeichen für digitale Systeme ist die Zeitunabhängigkeit, die Ortsunabhängigkeit und die Skalierbarkeit. Damit bringt Harald Schirmer schön auf den Punkt, worin die Unterschiede zu unseren „analogen“ Lösungen bestehen.
Das lässt sich sehr gut auch auf Lerner-unterstützende Dienstleistungen, also das L&D-Portfolio, übertragen. Wieviele Dienste bieten wir an, die jederzeit, ortsunabhängig und egal wie oft oder von wie vielen, abgerufen werden können? Vielleicht müssen wir die ja auch gar nicht alle selber anbieten. Möglicherweise besteht unsere Dienstleistung ja im Auswählen (Kuratieren) von gutem vorhandenem Material? Oder im Ermuntern von Experten zur Information oder Ertüchtigung von Kollegen im Unternehmen. Aber auch Lernen in Netzwerken erfüllt diese 3 Kriterien für digitale Services.
Einen ganz herzlichen Dank an Harald Schirmer für den Blog-Beitrag, der bei mir so viel Assoziationen zu L&D weckte! Hier der Link zur Präsentation auf SlideShare.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen auf http://khpape.blog/.