Die Corporate Learning Community hatte schon vor Corona mit der L&Dpro eine Vereinbarung zum Gestalten eines Messe-BarCamps geschlossen. Messen sind aus unserer Sicht Lern-Events, auch wenn das bisher von den Veranstaltern und Ausstellern nicht im Fokus steht. Das CLC-BarCamp auf der L&Dpro hat diesmal mit nur einer Session praktisch nicht funktioniert. Unser Messestand mit Online-Beteiligung der Community war aber eine funktionierende Idee.
Zunächst: Veranstalter einer großen Präsenzveranstaltung wie der L&Dpro haben in noch immer pandemischen Zeiten ein großes Risiko: Wieviele Besucher werden tatsächlich kommen? Aber wer das nicht testet, wird die Antwort auch nicht erfahren. Dafür braucht man Mut. Eine Messe ist aufwändig und verursacht hohe Kosten – beim Veranstalter, hier dem HRM Institute von Alexander Petsch, und auch bei den Ausstellern, die teure Messestände und ihr Standpersonal finanzieren müssen. Für die L&Dpro am 30.9.2021 wurden 620 Tickets gebucht, aber nur 352 Besucher sind nach München gekommen, lt. Veranstalter. Und deren Besuchzeiten verteilen sich ja über den ganzen Tag, nie sind alle 352 gleichzeitig da. Die No-Show-Rate war insbesondere bei den kostenlos erhaltenen Tickets groß.
(Einen Bericht über die ebenfalls gerade wiedereröffnete Zukunft Personal, der ZP Reconnect haben wir hier veröffentlicht.)
Gesprächsbereite Aussteller, gut besuchte Vorträge, aber noch wenige Besucher
Das ist auch unser Fazit. Der Corporate Learning Community hat der Veranstalter einen geräumigen Messe-Stand mit Internet-Anschluß und großen Monitoren spendiert. Auch mit dem gebotenen 1,5 m Abstand waren wir auf jeweils 3 Gesprächspartner mit Online-Verbindung nach draußen eingerichtet. Headsets und eine Kamera waren installiert, um über Jitsi weitere Community-Mitglieder draußen einzubinden. An unserem Stand haben drei Hybrid-Sessions außerhalb des Präsenz-Messe-BarCamps stattgefunden – und viele Gespräche mit wechselnden Online-Partnern. Dieses Experiment, auch die zu beteiligen, die nicht kommen konnten, hat grundsätzlich funktioniert. Dank Simon Dückert, der die Idee zu dieser hybriden Form hatte, und die Umsetzung den ganzen Tag über persönlich sicherstellte.
Für den CLC-Stand haben übrigens diese CLC-Mitglieder den Standdiest übernommen: Oliver Ewinger, Astrid Tietgens, Kristin Auth und Simon Dückert. Einen ganz herzlichen Dank dafür!
CLC-BarCamp hat praktisch nicht stattgefunden
Zu den messebedingt stündlichen BarCamp-Sessionplanungen kam niemand. Zu den BarCamp-Sessions auch nicht. Die durch die Gänge strömenden Besuchermassen fehlten. Offenbar wirkt hier auch der Kneipen-Effekt: Wenn keiner drin sitzt, geht man auch nicht rein. Die eine BarCamp-Session zu “KI beim Lernen” ergab sich durch Verabredung von 3 anwesenden Community-Mitgliedern.
Wie auch bei der ZP Reconnect, waren die Vorträge gut besucht, nicht aber die Aussteller-Stände. Was unsere Vorstellung stützt, dass Messen von Besuchern als Lern-Events genutzt weden. Ob das Konsumieren von Vorträgen – die man ja grundsätzlich auch online hören könnte – aber allein den Aufwand von An- und Abreise rechtfertigt, ist mehr als fraglich.
Kleine Umfrage unter Messe-Besuchern
Mit einer Besucher-Befragung wollten wir ermitteln, an welchen Zukunftsaufgaben L&Dpro-Besucher derzeit arbeiten. Wir konnten 17 Interviews mit Besuchern (nicht mit Ausstellern) führen. Die Hälfte der Antworten war ernüchternd. Auf die Frage:
“An welchen Themen arbeiten Sie derzeit, die sich erst in den nächsten Jahren auswirken?”
kamen folgende Antworten (gekürzt):
- Oh Gott, da muß ich mir erstmal Gedanken machen.
- Lebe eher im hier und jetzt. “Wenn ich das in die Zukunft projizieren wollen würde, dann wäre das tatsächlich die Auseinandersetzung der “Generationen” miteinander.”
- Wollen Lernplattform weiterentwickeln.
- Einheitliche Qualität für Trainings: Arbeite an einem Autoren-Guide für Trainer. Und: Lernen über den eigenen Tellerrrand: Learning Out Loud (lernOS-Zirkel).
- Präsenzseminare umstrukturieren: Digital gestalten als z.B. Webinar.
- Digitalisierung, auch für ältere Mitarbeiter, digitales Lernen und Lernkultur dafür
- Digitalisierung: Die Mitarbeiter fit für die Zukunft machen: “Digitalisierungs-ready” machen.
- Nachhaltige Qualifizierung von Führungskräften von morgen.
Was kann man sich darunter vorstellen?: Keine Antwort. - Vernetzung im Unternehmen stärken, z.B. mit dem lernOS Leadership Circle
- Künftig nicht linear vorgehen, sondern agil im Zick-Zack-Kurs. Selbstlernen stärken.
- In Zukunft weniger Dokumente und besser abrufbare Informationen zu haben – neben einer Kultur der Offenheit und der Zusammenarbeit im Unternehmen über Abteilungen hinweg.
- Lernen neu denken, die Mitarbeitenden auf Augenhöhe zu begegnen. KI und Lernen, ich bin Fan von Augmented Reality.
- Augmented Reality: Gemischte Wahrnehmung üblich machen, von Entwicklung bis Meetings.
- Lernkultur ist ein Schlüsselelement: Jeder muss verstehen, dass Lernen zum Job dazugehört.
- Talent-Journey: Lust auf Führung machen, junge Manager auf VUCA-Welt vorbereiten
- KI und datengetriebenes Lernen: Habe ein BootCamp mitgemacht. Aber das ist ein sehr großes Thema. Gerade wir als Learning Professionals sollten uns sehr tief damit beschäftigen. Wir sind nur an der Oberfläche bisher. Dann Kollaboratives Lernen, da liegt noch mehr drin, aus meiner Sicht.
- Ich selbst will Instructional Designerin werden
Bei der kleinen Teilnehmerzahl ist das natürlich nicht repräsentativ. Dennoch zeigt das eine wenig ausgeprägte echte Zukunftsvision bei der Hälfte der befragten Learning Professionals. Künftig Webinare zu gestalten, scheint mir keine wirklich hilfreiche Vision zu sein!
Auch hier wieder der Hinweis: Wenn wir andere unterstützen wollen, die Zukunft zu bewältigen, müssen wir selbst schon mal ganz vorn mögliche Zukunfts-Szenarien ausprobiert haben. Die alte Vorstellung “Wir wissen wie man Lernprozesse für andere gestaltet”, ist da eher hinderlich. Erst mit eigenen neuen Lernerfahrungen können wir glaubwürdig und professionell andere auf dem Weg in die Zukunft unterstützen. Das ist eine Führungsaufgabe. Und wer führen will, muss die Richtung vorgeben!
Also frag Dich auch selbst: Was tust Du heute, um Veränderungen im Lernen in den nächsten Jahren zu bewirken?
Fazit
Das Erleben von zufälligen Begegnungen auf der Messe war erfrischend. Das geht online nicht!
Der „hybride CLC-Messestand“ war ein erfolgreiches Experiment mit weiterem Potential.
Und die wieder gemachte Erfahrung, dass Messe-Besucher vornehmlich die Vorträge suchen, zeigt das Interesse der Besucher an persönlicher Entwicklung. Messen sind ganz eindeutig Lern-Events. Dafür werden sie bisher aber nicht geplant. Ein neues Betätigungsfeld für uns Learning Professionals?
Danke an die Veranstalter der L&Dpro, dass wir diese Erfahrungen bei Euch machen konnten!