Lessons learnt: MOOC in der betrieblichen Bildung?

Ich habe diese erste Woche im Corporate Learning 2.0 MOOC als eine große Bereicherung empfunden. Es gibt wohl kaum ein anderes Format, das es ermöglicht, über viele Organisationen hinweg einen Meinungs-und Erfahrungsaustausch in dieser Intensität zu initiieren. Mehr als 1.200 Teilgeberinnen und Teilgeber, über 500 Diskussionsbeiträge und fast 250 Reflexionen zur aktuellen und zukünftigen Bildungslandschaft in den Unternehmen machen dies deutlich.

Gleichzeitig bestätigten die Reflexionen über die aktuelle Bildungssituation in den Unternehmen erschreckend deutlich, dass die Lücke zwischen den Anforderungen an die Bildungsanbieter, die sich aus der veränderten Gesellschaft und Arbeitswelt ergeben, und der Lernwelt, sich immer weiter öffnet.

Damit stellt sich fast zwangsläufig die Frage, ob das Format eines MOOC mit dazu beitragen kann, den notwendigen Veränderungsprozess für innovative Lernprozesse in Unternehmen oder bei Bildungsanbietern zu initiieren und zu begleiten.

Einen Mehrwert für die betrieblichen Lernsysteme sehe ich dabei in cMOOCs, wie wir dies auch im CL 2.0 MOOC versucht haben, umzusetzen. Diese connectivist MOOC basieren auf dem Ansatz des Konnektivismus, nach dem das Lernen im Netz(-werk) stattfindet. Sie sind relativ offen und frei im Sinne virtueller Workshops oder Barcamps gestaltet, in denen die Teilnehmer aktiv gemeinsam Wissen erarbeiten bzw. Erfahrungswissen verarbeiten.

xMOOC ( „x“ steht für Extension), orientieren sich dagegen an traditionellen Kurskonzepten, in denen die Themen festgelegt sind und die Lernmaterialien von den Veranstaltern zur Verfügung gestellt werden. Die Teilnehmer sind eher passiv und nicht in die Gestaltung der Kurse eingebunden. Sie bearbeiten die vorgegebenen Materialien um ihr persönliches Wissen aufzubauen und unterstützen sich meist gegenseitig. Damit sehe ich diese Form der MOOCs eher als eine Fortsetzung des tradierten Seminarkonzepts, mit all seinen Schwächen, im Netz an. Kompetenzorientierte Lernprozesse können damit nicht ermöglicht werden.

MOOC im betrieblichen Kontext werden durch Grundprinzipien geprägt, sie sind

  • offen für alle Mitarbeiter und Führungskräfte, evtl. auch Stakeholders, und setzen selbstorganisiertes und problemorientiertes Lernen voraus,
  • bauen auf der dezentralen Infrastruktur des Intranets und Internets auf,
  • vernetzen die Lerner mit Hilfe von Communities of Practice, Social Media, Social Networks oder RSS,
  • werden aber auch mit geschlossene Räumen verknüpft, um Lernprozesse im vertraulichen Rahmen zu ermöglichen,
  • bilden eine wichtige Grundlage für die persönliche Lerndokumentation im Rahmen von E-Portfolios,
  • fordern die aktive Mitwirkung aller Lerner.

MOOC entsprechen damit dem Ansatz der „Ermöglichungsdidaktik“.

Ich bin nach den Erfahrungen dieser Woche davon überzeugt, dass cMOOC in der betrieblichen Bildung eine wichtiges Instrument sein können , um alle Mitarbeiter und Führungskräfte von Anfang in den Veränderungsprozess zu innovativen Lernsystemen mit einbinden zu können. Solche cMOOC bieten auf der Metaebene die Möglichkeit, den Veränderungsprozess zum neuen Lernsystem vorzubereiten und zu begleiten und einen permanenten Optimierungsprozess unter Einbeziehung aller Mitarbeiter und Führungskräfte zu ermöglichen.

Damit ist dieser MOOC primär ein Instrument, das dazu beiträgt, den Implementierungsprozss für innovative Lernkonzeptionen zu unterstützen.

Individuellen Lernprozesse in cMOOC werden durch folgende Aktivitäten geprägt:[1]

  • Orientieren: Die Mitarbeiter wählen aus vielen, digitalen Kommunikationstools ( MOOC-Plattform, Facebook, Twitter, Google+, Blab…) sowie den inhaltlichen Angeboten und Diskussionsbeiträgen aus, was Ihnen für ihre individuellen Lernprozesse relevant bzw. geeignet erscheint
  • Ordnen: Die Mitarbeiter analysieren und sortieren die Informationen und die Beiträge der Teilgeber in Hinblick auf ihre individuellen Herausforderungen. Dabei suchen sie nach Verbindungen zu ihren eigenen Problemstellungen in der betrieblichen Praxis.
  • Beitragen: Der Mitarbeiter bringen eigene Informationen und Erfahrungsberichte, sowie Lösungsvorschläge, Ideen oder Kommentare in das Netzwerk ein.
  • Teilen: Die Mitarbeiter teilen ihre Beiträge und entwickeln den MOOC zu einem gemeinsamen Wissenspool weiter, der bottom-up aufgebaut und ständig erweitert wird.

Dieser MOOC könnte folgende Grundstruktur aufweisen:[2]

  1. MOOC – Einstimmung
  • Blog der Paten zur Einstimmung und Begleitung
  • Reflexionen: Erhebung von Erwartungen, Befürchtungen, Meinungen, Stimmungen und Ideen
  • Videos: Erläuterung des cMOOC und seiner Bedeutung im Rahmen des Veränderungsprozesses
  • Information: Ablauf des MOOC
  1. MOOC Start

Kickoff (Webinar)

  • Begrüßung und Zielsetzung
  • Vorstellung der Paten
  • Vorstellung des MOOC und Diskussion des Ablaufes, der Rollen, der Begleitung…..
  • Hinweis auf Video + Whitepaper: Ergebnisse der Bedarfserhebung, Videos und Whitepaper zu den einzelnen Aspekten der innovativen Lernkonzeption
  • Empfehlungen für den gezielten Umgang mit den Materialien und den Tools
  1. MOOC Orientierung
  • Lernorganisation: Die Mitarbeiter finden im MOOC alle Instrumente und Informationen, die sie benötigen, um das neue Lernsystem zu verstehen und um ihr persönliches Lernhandeln in diese Richtung zu verändern. Sie können sich beispielsweise selbst in frei gewählten Gruppen organisieren, Diskussionsbeiträge und Erfahrungsberichte einbringen, online Umfragen durchführen, , komplexe Sachverhalte visualisieren oder eine Ideenbox nutzen. Es werden weiterhin Termine, z.B. „Meilensteine“ für bestimmte Themenabschnitte dokumentiert. Über Visitenkarten können sich Diskussionspartner und Communities finden.
  • Informationen und Wissensaufbau: Die Mitarbeiter können auf alle wichtigen Konzeptionen und ergänzenden Materialien zum zukünftigen betrieblichen Lernsystem zugreifen und diese analysieren sowie kommentieren. Dabei werden sie von einem personalisierten Informations- und Wissensdienst unterstützt, der interaktive Informationen und Nachrichten aus dem Intranet und dem Web zur neuen Lernkonzeption kuratiert, d.h. mitarbeiterbezogen zusammen gestellt, aber auch mit anderen geteilt werden können.
  • Reflexionen: Regelmäßig werden Möglichkeiten zur gemeinsamen Reflektion über das aktuelle und zukünftige Bildungssystem im Unternehmen angeboten.
  1. MOOC Struktur
  • Organisation: Einstimmung, Themen und Termine, Paten….
  • Jeweilige Themenwoche: Themenschwerpunkt und Ablauf, Begrüßung durch den Paten und Einstimmung, tägliche Themen (Live-Gespräche, Videos, Whitepapers, Communities…), Zusammenfassung in einer Abschlussdiskussion…
  • Blog der Paten: Einstimmung, Zusammenfassungen, Bewertungen…

Laufende, individuelle Praxiserfahrungen mit dem neuen Lernsystem: Individuelle Anwendung der neuen Lernkonzeption (Ermöglichungs-rahmen) in der eigenen Lernpraxis

  1. MOOC: Teilung des Erfahrungswissen
  • Die Mitarbeiter bringen ihr Erfahrungswissen in den MOOC mit ein, teilen es mit den anderen und entwickeln es gemeinsam weiter.

Die Lernbegleiter („Paten“), die den MOOC organisieren, schlagen zu bestimmten Problembereichen eine Agenda vor, organisieren Verknüpfungen zu internen und externen Wissensquellen oder planen den Austausch mit Experten. Sie begleiten den MOOC indem sie den Mitarbeitern und Führungskräften Orientierung geben, sie bei der Strukturierung und Organisation ihrer individuellen Lernprozesse unterstützen und den Austausch im Netz fördern. Sie reduzieren die Komplexität der internen und externen Wissensangebote und empfehlen Systeme, Tools und Zugänge zur individuellen Nutzung durch die Lerner. Damit wandeln sie sich zu Community-Managern, die den Austausch und die gemeinsame Weiterentwicklung von Erfahrungswissen und Eindrücken ermöglichen.

 

[1] vgl. Robes, J., (2012 c), S. 3 ff.; Robes, J., (2012 d) S. 219 – 244

[2] in Anlehnung an Höfer, M. L. (2013) S. 65 – 69